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23. Oktober 2006 · von S.H.

Der Marderhund auch Enok genannt: Neozoen oder "Neubürger" in Mitteleuropa

Fremde Tiere, die in einen neuen Lebensraum eindringen, können zu einer Plage werden.

Der Begriff "Neozoen" umfasst Tierarten, die in einem bestimmten Gebiet nicht heimisch sind, sondern erst nach dem Jahr 1492 unter Mitwirkung des Menschen in diesen Naturraum gelangt sind und dort wild leben.
Der Marderhund auch Enok genannt: Neozoen oder
Ein bekannter, aber eher selten zu beobachtender Neubürger ist der Marderhund – auch Enok genannt. Sein ursprüngliches Verbreitungsgebiet liegt im äußersten Osten des asiatischen Kontinents und erstreckt sich von Sibirien bis Nordvietnam.

Zwischen 1928 und 1955 wurden ca. 10.000 Marderhunde in der Ukraine und in anderen Ländern der ehemaligen Sowjetunion als jagdbarer Pelzträger ausgewildert. In ihrer neuen Heimat konnten sie überraschend gut Fuß fassen, vermehrten sich stark und breiteten sich allmählich nach Westen aus. Der Enok tauchte 1935 in Finnland auf, 1943 in der damaligen Tschechoslowakei, 1951 in Rumänien und 1961 im früheren Ostdeutschland.

Wurden Mitte der 90er Jahre weniger als 1000 erlegte Marderhunde in Deutschland erfasst, so stieg die Anzahl bis 2003/04 auf ca. 18.000 Tiere an. Die tatsächliche Populationsgröße liegt aber wahrscheinlich weit darüber, besonders betroffen sind die neuen Bundesländer.
Auch vor der österreichischen Grenze hat dieser Neubürger nicht Halt gemacht. Bereits seit den 1950er Jahren ist die Anwesenheit des Marderhundes in Österreich bekannt. Nördlich des Alpenhauptkammes gilt sein Bestand auf Grund gesicherter Meldungen als gefestigt. Österreichweit werden immer wieder Marderhunde erlegt, die Jagdstatistik 2004/05 dokumentiert aber nur 9 Abschüsse.

Mit seinen kurzen Beinen, dem dichten langen Haarkleid und der schwarz-weißen Gesichtsmaske sieht der Enok dem Waschbären recht ähnlich. Er wird deswegen auch gerne "Waschbärhund" genannt. Jedoch besitzt er die für Waschbären typische schwarze Schwanzbinde nicht. Er gehört zur Familie der Hundeartigen (Caniden) und weist – wie auch Schakale und Wölfe – an den Vorderpfoten fünf und an den Hinterpfoten vier Zehen auf.

In Mitteleuropa besiedelt der Marderhund in erster Linie gut strukturierte Lebensräume im Flachland und im Mittelgebirge. Neben landwirtschaftlich genutzten Flächen werden Gebiete bevorzugt, in denen der Enok Gewässer mit busch- oder schilfbewachsenen Ufern und nahe Laub- und Mischwälder mit dichtem Unterholz vorfindet. In verlassenen Fuchs- und Dachsbauten, hohlen Bäumen oder anderen dunklen Unterschlupfmöglichkeiten verschlafen die dämmerungs- und nachtaktiven Tiere den Tag. Nächtliche Streifzüge führen den Enok durch ein Revier von etwa 50 – 60 ha, wobei die Größe des Gebietes letztendlich vom vorhandenen Nahrungsangebot bestimmt wird.

Der Marderhund ist eher Allesfresser und Sammler als ein spezialisierter Räuber. Je nach verfügbarem Nahrungsangebot ist sein Speisezettel starken saisonalen Schwankungen unterworfen und besteht bis zu 64% aus pflanzlichem Anteil: Obst, Beeren, Pilze, Kastanien oder Eicheln. In der Feldflur frisst er auch gerne Mais und Hafer, besonders während der Milchreife. Fachleute sehen den Enok als Nahrungskonkurrenten von Fuchs und Dachs, da er Regenwürmer, Insekten, Amphibien, Kriechtiere, Vögel, Gelege von Bodenbrütern und gelegentlich kleine Säuger bis etwa Rattengröße verzehrt. Aas spielt auf seinem Speisezettel ebenfalls eine wichtige Rolle.

Als einziger Vertreter der Hundeartigen hält er eine Winterruhe und verbleibt – zumindest in Regionen mit ausgesprochen harten und langen Wintern – tagelang im gut ausgepolsterten Bau. Da dies in Mitteleuropa eher selten der Fall ist, verzichtet der Marderhund bei uns praktisch völlig auf diese inaktive Phase. In milden Wintern bleibt er aktiv und sucht in Baunähe nach Nahrung. Ohne besonders territorial zu sein, leben diese Wildhunde im kurzfristigen Familienverband bzw. in dauerhafter Paarbindung, bilden aber normalerweise kein Rudel.

Die hohe Vermehrungsrate des Marderhundes ist eine der Überlebensstrategien gegen seine natürlichen Feinde, wie Wolf, Luchs oder Uhu. Das Fehlen dieser Feinde begünstigt die rasche Eroberung neuer Lebensräume, in denen der anpassungsfähige Allesfresser fast optimale Lebensbedingungen vorfindet.

Auf Grund seiner Lebensweise sind Sichtungen des Enoks schwierig und eher zufällig. Er ist ein Meister der Tarnung und im Ausnutzen jeglicher Deckung. Auf feuchtem Sand, Lehm oder Schnee ist sein Tritt jedoch sehr gut von Fuchs, Dachs oder Waschbär zu unterscheiden. Beim Einzeltritt (ca. 4 cm Durchmesser) sind die gespreizten Zehen und der fächerförmige Abdruck der vier Zehenballen sowie die Nägel unverkennbar. Auch die Spur ist charakteristisch: Bei der Nahrungssuche setzt der Marderhund jeweils zwei Tritte wechselseitig in kurzem Abstand hintereinander – die geschnürte Spur hat einen größeren Schrank als beim Fuchs.
Die Anwesenheit dieser Beutegreifer ist außerdem an ihren "Latrinen" – großen Kotplätzen – zu erkennen, die regelmäßig angelegt und besucht werden. Sie dienen u. a. der Reviermarkierung. Die Losung enthält unverdaute Pflanzen- und Beutereste. Mit Vorliebe besuchen Marderhunde Kirrungen, die mit Obst und Mais beschickt sind.

Der Marderhund ist das ganze Jahr über bejagbar. Trotzdem sollten auch diese Beutegreifer waidgerecht bejagt und Fähen, die Junge führen, geschont werden. Bei der Baujagd mit dem Erdhund ist in jedem Fall Vorsicht geboten, weil sich der Marderhund genauso heftig verteidigt wie der Dachs.


Neozoen – gebietsfremde Tierarten
Blickt man weit genug in der Geschichte zurück, so sind alle Organismen irgendwann bei uns "eingewandert". Daher wurde definiert, was unter "gebietsfremden Tieren" zu verstehen ist. Der Begriff "Neozoen" umfasst Tierarten, die in einem bestimmten Gebiet nicht heimisch sind, sondern erst nach dem Jahr 1492 unter Mitwirkung des Menschen in diesen Naturraum gelangt sind und dort wild leben.

Als "wild lebend" werden Arten bezeichnet, die seit wenigstens 25 Jahren oder mindestens drei Generationen im Gebiet frei existieren. Ausgestorbene Tierarten, die wie Wolf, Bär oder Luchs regional wieder angesiedelt werden, zählen nicht zu den Neozoen.
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